Trinkgeld in der Gastronomie: Wie viel ist wirklich angemessen?

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Trinkgeld in der deutschen Gastronomie – Bonus oder Pflicht? Eine kritische Betrachtung!
In Deutschland gilt die Regel: „Preise inklusive Mehrwertsteuer und Bedienung“. Das bedeutete, dass der Service bereits im Preis inbegriffen ist – also auch das Trinkgeld. Doch diese Sichtweise gerät zunehmend in Vergessenheit. Stattdessen hat sich eine Erwartungshaltung etabliert, die Trinkgeld als selbstverständlichen Bestandteil der Bezahlung ansieht – oft sogar zwischen 5 und 10 Prozent der Rechnungssumme.
Doch ist das richtig? Und vor allem: Ist das fair?
Trinkgeld: Ursprünglich eine freiwillige Anerkennung
Der ursprüngliche Zweck des Trinkgeldes war eindeutig:
Es diente als freiwillige Belohnung für außergewöhnliche Leistungen. Freundlichkeit, besondere Aufmerksamkeit oder außergewöhnlich guter Service waren die Auslöser, warum Gäste gerne ein Trinkgeld gaben.
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Beispielhafte Anlässe für ein echtes Trinkgeld:
- Eine besonders zuvorkommende Bedienung
- Sehr schnelle und kompetente Abwicklung der Bestellung
- Individuelle Betreuung, z. B. bei Sonderwünschen oder Problemen
- Eine authentisch freundliche und angenehme Atmosphäre
Heute jedoch scheint ein anderer Trend zu überwiegen…
Trinkgeld als Pflicht? Eine gesellschaftliche Zwangshandlung?
Viele Menschen fühlen sich sozial unter Druck gesetzt, wenn sie wenig oder gar kein Trinkgeld geben. Typische Reaktionen aus dem Umfeld sind:
- „Du gibst kein Trinkgeld?“
- „So wenig – wovon soll die Bedienung denn leben?“
- „Kein Trinkgeld? Das ist doch unhöflich!“
Solche Kommentare führen dazu, dass sich viele Gäste zum Trinkgeld verpflichtet fühlen – unabhängig von der Qualität der erbrachten Leistung.
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Das Problem: Gastronomie plant Trinkgeld fest ein
Ein zunehmend verbreitetes Problem ist, dass viele Gastronomiebetriebe das Trinkgeld bereits fest im Gehalt der Servicekräfte einplanen. Dadurch wird aus einem freiwilligen Bonus eine verdeckte Lohnsubvention durch die Gäste.
Wichtiger Punkt: Es ist keine „besondere“ Leistung, dem Gast Essen und Trinken zu bringen – das ist der Kern der Dienstleistung und sollte durch den regulären Lohn abgedeckt sein.
Trinkgeld im Wandel: Sinn, Zweck und gesellschaftliche Entwicklung?
Bei Wikipedia steht unter Trinkgeld folgendes:
„Zweck ist in Europa meist der besondere Service, die Freundlichkeit, Schnelligkeit oder die gute Qualität in Gastronomie oder sonstigen Dienstleistungszweigen. Bedienungen erhalten in Europa größtenteils ein sehr geringes Grundgehalt, sodass das Trinkgeld des Gastes deren Einkommenssituation aufbessert. In den Vereinigten Staaten und anderen Ländern gibt es insbesondere im Gastronomiegewerbe zwei Arten von Arbeitsverträgen. Die eine Variante gewährt den Bedienungen ein niedriges Grundgehalt, bei der anderen hingegen wird überhaupt kein Gehalt gezahlt, die Bediensteten sind daher auf Trinkgeld angewiesen“.
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Trinkgeld als Teil des Einkommens – steuerlich problematisch
Trinkgeld ist laut § 3 Nr. 51 EStG steuerfrei, sofern es freiwillig und ohne Rechtsanspruch gezahlt wird. Doch die Realität in vielen Gastronomiebetrieben sieht anders aus:
Kritikpunkte:
- Trinkgeld wird systematisch einkalkuliert und gilt faktisch als Lohnbestandteil.
- Steuerliche Grauzonen entstehen, da viele Trinkgelder nicht ordnungsgemäß erfasst werden (Steuerhinterziehung).
- Schwarzarbeit und Manipulation von Kassensystemen verstärken das Problem.
- Geringe Grundgehälter zwingen Servicekräfte, auf Trinkgelder angewiesen zu sein.
Was sollte sich in der Gastronomie ändern?
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Vorschläge für eine fairere Praxis:
- Faire Grundgehälter in der Gastronomie, unabhängig vom Trinkgeld
- Klare Kommunikation gegenüber Gästen, dass Trinkgeld freiwillig ist
- Rückbesinnung auf die ursprüngliche Bedeutung des Trinkgelds als Anerkennung für echte Mehrleistung
- Stärkere Kontrolle steuerrechtlicher Vorschriften bei Gastronomiebetrieben
Wie viel Trinkgeld ist in Deutschland angemessen?
In Deutschland gilt ein Trinkgeld zwischen 5 und 10 Prozent der Rechnungssumme als üblich – vorausgesetzt, der Service war freundlich, aufmerksam und professionell. Bei kleineren Beträgen rundet man oft einfach auf. So wird beispielsweise aus einer Rechnung von 18,60 € ein Betrag von 20 €.
👉 Wichtig ist: Trinkgeld ist freiwillig und sollte eine Anerkennung für gute Leistungen sein, keine verpflichtende Zugabe. Es gibt keine gesetzliche Regelung zur Höhe, doch gesellschaftlich wird erwartet, dass guter Service entsprechend honoriert wird. Wer hingegen mit dem Service unzufrieden ist, darf das Trinkgeld selbstverständlich anpassen oder ganz darauf verzichten – denn Qualität sollte die Höhe des Trinkgelds bestimmen, nicht sozialer Druck.
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Bedienungsgeld vs. Trinkgeld: Was ist der Unterschied und was sollten Gäste wissen?
Das freiwillige Trinkgeld ist klar vom Bedienungsgeld, Bedienungszuschlag oder der Servicepauschale abzugrenzen – denn Letztere sind fester Bestandteil des Kaufpreises bzw. der Endrechnung und werden automatisch mitberechnet, während das Trinkgeld als zusätzliche Geste der Wertschätzung freiwillig gegeben wird.
Das Bedienungsgeld ist eine festgelegte Servicepauschale, die in vielen Restaurants, Hotels oder gastronomischen Betrieben zusätzlich zum Rechnungsbetrag erhoben wird. Es dient der Abgeltung der Dienstleistungen des Servicepersonals und ist bereits in der Endrechnung enthalten – häufig mit dem Vermerk „inklusive Bedienung“. Im Gegensatz dazu ist Trinkgeld eine freiwillige, zusätzliche Zahlung des Gastes als Zeichen der Zufriedenheit mit dem Service. Obwohl beide Begriffe eng miteinander verknüpft sind, ersetzt das Bedienungsgeld nicht das Trinkgeld, sondern stellt eine Basisvergütung dar, während das Trinkgeld als persönliche Anerkennung verstanden wird. Wer also Wert auf guten Service legt, zeigt dies durch ein angemessenes Trinkgeld – auch dann, wenn bereits ein Bedienungsgeld im Preis verrechnet ist.
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Fazit: Trinkgeld – freiwilliger Bonus statt gesellschaftliche Verpflichtung!
Trinkgeld sollte in Deutschland etwas Besonderes bleiben – eine freiwillige Geste der Wertschätzung. Wenn aus einem freiwilligen Dank eine gesellschaftliche Pflicht und ein fester Lohnbestandteil wird, verlieren wir nicht nur die ursprüngliche Bedeutung, sondern fördern auch ein ungerechtes und intransparentes System.
💡 Als Gäste sollten wir uns drei Dinge bewusst machen:
- Trinkgeld ist ein Dankeschön – kein Muss.
- Es ist keine besondere Leistung, dem Gast Essen und Trinken an den Tisch zu bringen!
- Kein schlechtes Gewissen, wenn man kein Trinkgeld gibt.
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Guter Beitrag, sehe es ähnlich meiner Empfindung nach sollte ein Arbeitgeber die Kosten eines Angestellten nicht (extra) auf die Kundschaft abwälzen. Durch Trinkgeld geben erziehen wir uns nur eine ekelhafte ausbeuter Gesellschaft bzw fördern diese weiter. Möchte nicht wissen wie viele Betriebe mir schon ins Essen gespuckt haben aufgrund des fehlenden trinkgeldes. Es ist die Verantwortung des Arbeitgebers seine Angestellten entsprechend zu bezahlen. Nirgendwo steht etwas von Trinkgeld geben man will meinen derlei Mindestanforderungen (Bestellung aufnehmen, zum Tisch bringen, Rechnung bringen etc) seien im Preis enthalten, aber wahrscheinlich bin ich einfach nur einer der wenigen Geizhälse die den armen ausgebeuteten Arbeitern nix gönnt.