Frauen-EM 2017: Schade Deutschland, alles ist vorbei
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„Schade Deutschland, alles ist vorbei“ – so kündigte Nadia Nadim (Dänische Nationalspielerin) die Niederlage der deutschen Fußballnationalmannschaft bei der Frauen-EM an. Die deutsche Fußballnationalmannschaft der Frauen (2. Platz der Weltrangliste) musste gegen Dänemark (15. Platz der Weltrangliste) eine hochverdiente Niederlage einstecken und damit das Frauen-EM Turnier, zum ersten Mal in der Geschichte, bereits im Viertelfinale verlassen. Die deutsche Frauen Nationalmannschaft spielte in Rotterdam ohne Plan und mutlos, eher gesagt ängstlich, gegen eine kämpferisch eingestellte dänische Frauen-Nationalmannschaft. Nichts war von den vollmundigen Ankündigen, nach den bereits desolaten EM-Vorrundenspielen, einzelner Spielerinnen und der Bundestrainerin Steffi Jones zu sehen.
Ist die goldene Ära des deutschen Frauenfußballs vorbei?
Steffi Jones hatte zu Beginn ihrer Trainertätigkeit die deutsche Fußballnationalmannschaft der Frauen ordentlich umstellen müssen. Dies war durch etliche Rücktritte erfahrener Spielerinnen nötig. Doch muss man jetzt davon ausgehen, dass die nachfolgenden Spielerinnen nicht das Format haben die Abgänge der letzten 2-3 Jahre zu kompensieren? Nein, eigentlich nicht. Viele Neuspielerinnen der Nationalmannschaft haben bereits internationale Erfahrung und große Turniere in den U-Mannschaften des Frauenfußballs gewonnen. Sie stehen alle bei etablierten Vereinen unter Vertrag.
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Kann es dann vielleicht sein, das die Krise in der sich der deutsche Frauenfußball jetzt befindet, eher im Trainerstab zu suchen ist als unter den Spielerinnen der Nationalmannschaft?
Möglich, denn nicht jede/jeder ist als Trainer für eine Mannschaft geeignet, auch wenn der Trainerposten einer Nationalmannschaft für den einen oder anderen das i-Tüpfelchen der eigenen Karriere ist. Als Präsidentin des Organisationskomitees für die Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen 2011 gestartet, über Direktorenposten beim DFB, hin zur Nationaltrainerin der Frauen. Besser geht es nicht.
Normalerweise, siehe u.a. Franz Beckenbauer, verlaufen solche Karrieren zwar andersrum, das aber nur als Randnotiz. Nein, Steffi Jones kann man eigentlich auch nicht die alleinige Schuld am EM-Debakel geben. Sie stand ja nicht selbst auf dem Platz. Wenn, dann nur eine Teilschuld durch Unerfahrenheit. Man hatte zeitweise das Gefühl, sie hat keine Ahnung wer spielen soll (Abwehr und Sturm).
Die ständigen Änderungen in der Startaufstellung mögen im Männerfußball nötig sein, damit mehrere Spieler mit ähnlicher Qualität ihren Teil zum Erfolg beitragen können. In der Frauen Nationalmannschaft gibt es keine ausgedehnte Qualität, in der man mehrere Spielerinnen wechseln kann ohne großen Qualitätsverlust zu erleiden. So weit ist es beim Frauenfußball noch nicht.
Deshalb war die Frage der Moderatorin Claudia Neumann (sie moderierte das Spiel Deutschland gegen Dänemark) nicht ohne Grund, warum denn nicht mal eine Leonie Maier ins Spiel gebracht wird. An dieser Stelle muss gefragt werden, warum Leonie Maier nicht von Anfang an gespielt hat? Eine Verletzung kann nicht der Grund gewesen sein. Die dafür eingesetzte Anna Blässe (als Rechtsverteidigerin) blieb nicht nur ihrem Namen treu, sondern stand größtenteils das Spiel über völlig neben sich. Das erkannte der Zuschauer recht schnell, da Frau Neumann sich auf die Spielerin eingeschossen hatte und dies bei jeder Gelegenheit erwähnt hatte. Aber auch ohne Frau Neumann konnte man sehen, das es nicht der Tag von Anna Blässe war.
Das muss auch eine Trainerin wie Steffi Jones sehen. Die Bundestrainerin Steffi Jones sieht aber vieles nicht, was in der deutschen Frauen Nationalmannschaft sehr offensichtlich vor sich geht und das nicht nur während der Frauen-EM in den Niederlanden.
Die Antwort nach dem ausscheiden in der Frauen-EM über ihre Zukunft als Bundestrainerin: „Meine eigene Motivation ist da“. Das hört sich sehr Mau an. Motivation ist eigentlich Grundvoraussetzung für einen Trainerposten und muss nicht extra erwähnt werden. Die Antwort auf die Frage, ob denn auch andere Fähigkeiten vorhanden und da sind, ist bedeutend wichtiger. Ich habe die Befürchtung, sie macht mit den Spielerinnen zu sehr auf „guter Kumpel“ und das führt im Mannschaftssport ganz selten zum Erfolg.
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Die Diven der Frauen Nationalmannschaft
Die eine heißt Dzsenifer Marozsan und spielt mittlerweile für Olympique Lyon (vorher 1. FFC Frankfurt). Man sagt ihr nach, sie gehört zu den besten Spielerinnen der Welt (Ballbehandlung, Schusstechnik, Spielverständnis) und ist Leitfigur und Spielmacherin, Taktgeberin und Torschützin (laut FAZ).
Diese Erzählungen diverser Journalisten werden scheinbar ungefiltert aus vergangenen Tagen übernommen. Auch Fußballer und Fußballerinnen müssen sich bei jedem Spiel neu beweisen, denn „Nach dem Spiel ist vor dem Spiel“. Doch Dzsenifer Marozsan hütet ihr Talent und Können wie ihr Augapfel. Eine echte Diva eben, die ihr können für den ganz besonderen Moment aufbewahrt. Die Trainerin Steffi Jones scheint auch im Fall Dzsenifer Marozsan eine andere Sichtweise zu haben:
„… die Frage aufkam, warum denn die Kapitänin noch nicht in Form sei, reagierte Steffi Jones mit einem Schutzreflex. „Das sehe ich anders. Sie hat eben einen besonderen Anspruch, will immer etwas Besonderes und spielt nicht den einfachen Pass. Sie hat aber alles gegeben“, sagte die Bundestrainerin.“
Joa, da hat die Bundestrainerin Steffi Jones an der Seitenlinie etwas anderes gesehen, als die paar Zuschauer am Fernsehbildschirm. Und weiter geht die Geschichte von der begnadeten Fußballerin, die ihr Talent und können für spezielle Momente aufbewahrt. Die Frauen-EM 2017 war vermutlich nicht so ein Moment, denn von ihrem Können hat sie während des Turniers nichts gezeigt.
Neben Dzsenifer Marozsan gibt es aber mittlerweile noch eine 2. Diva in der Frauen Nationalmannschaft. Sie heißt Anja Mittag. Früher (lange ist es her) war sie der Garant für Tempofußball, Kombinationsspiel und Tore. Seit längerem ist sie nur noch ein Schatten ihrer selbst. Möglicherweise erkannte sie ihr eigenes Leistungsende als erste und das war der Grund für ihren vorzeitigen Wechsel vom 1. FFC Frankfurt in die schwedische Liga zum FC Rosengard. Sie hatte dort schon mal sehr erfolgreich Fußball gespielt (2012-2015) und möglicherweise sich daran erinnert, das man in der schwedischen Liga die Karriere entspannter ausklingen lassen kann, als in der leistungsorientierten Allianz Frauen-Bundesliga. Andere Spielerinnen ihrer Generation (Annike Krahn, Melanie Behringer, Saskia Bartusiak) haben den harten Schritt bereits vollzogen und sind aus der Nationalmannschaft zurückgetreten, doch Anja Mittag scheint die Zeichen der Zeit in der Nationalmannschaft nicht hören zu wollen. Ihr Auftritt bei der Frauen-EM 2017 war insgesamt unauffällig bzw. schlecht.
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Das Niveau des Frauenfußballs ist unterirdisch
Im Frauenfußball ist es sehr schwierig an Spielstatistiken (Passquote, Zweikampfquote und dergleichen) zu gelangen. Diese Statistiken würden alles offenlegen was der kritische Frauenfußball-Zuschauer insgeheim wusste: Frauenfußball ist unterirdisch. Der Fokus der Trainer scheint immer stärker auf der Fitness und Athletik zu liegen. Nicht verwunderlich, dass der Frauenfußball in den letzten Jahre immer sportlicher und athletischer geworden ist. Das ist leider der allgemeine, negative Trend. Immer schneller und vor allem immer längere Laufwege müssen die Spielerinnen zurück legen. Das der Frauenkörper im Prinzip schon am maximalen seiner Leistungsfähigkeit im Frauenfußball angekommen ist, wird vermutlich von Trainern und Verantwortlichen stark bezweifelt. Trotzdem sprechen die immer stärker werden Verletzungen der Spielerinnen (Kreuzbandriss usw.) eine andere Sprache. Gefühlt ist Frauenfußball der Sport, in dem die meisten Frauen aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig ihre Karrieren als Sportlerin beenden. Die Belastung durch Fußball auf Gelenke und Bänder ist für die Frauen auf Dauer einfach zu hoch.
Der Fokus sollte daher verstärkt auf den technischen Fähigkeiten und im Zusammenspiel liegen. Ballannahme, Pässe in Unterzahl usw. Es ist einfach nur bedauerlich mit ansehen zu müssen, das die Fußballerinnen alle hochathletisch sind, jedoch unter Druck in 4 von 5 Spiel-Situationen die falschen Entscheidungen treffen. Die Fehlerhäufigkeit der Spielerinnen ist gefühlt genauso hoch wie vor 20 Jahren. Entweder wird ein Fehlpass zum Gegner oder ins Nirwana gespielt oder man spielt seine Mitspielerin so an, das diese den Ball zwangsläufig an den Gegner verlieren muss.
Der Frauenfußball muss nicht schneller und athletischer werden, er muss technisch deutlich besser werden. Das der Frauenfußball technisch unterirdisch ist, konnte man bei den bisher gezeigten Spielen der Frauen-EM in den Niederladen deutlich sehen.
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UPDATE: 24.08.2017
Die eine geht und die andere bleibt
Mittag beendet ihre DFB-Karriere:
„Nach 12 Jahren voller Stolz im Trikot der Deutschen Nationalmannschaft, ist es heute an der Zeit „Danke“ zu sagen.
Es ist der Zeitpunkt für mich gekommen aus der Nationalmannschaft zurück zu treten.“
Anja Mittag zeigt Charakter und trifft die einzig richtige Entscheidung zum absolut richtigen Zeitpunkt.
Doch soviel Charakter haben nicht alle Menschen. Steffi Jones z.B. hätte auch die Gelegenheit nutzen müssen, nach so einer desolaten Mannschaftsleitung, als Trainerin der DFB-Frauen zurückzutreten. Doch stattdessen bleibt Steffi Jones Bundestrainerin. Diese Entscheidung des DFB ist völlig unverständlich.
Das Präsidium des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) hat Steffi Jones nach dem Ausscheiden im Viertelfinale der Europameisterschaft in den Niederlanden das Vertrauen ausgesprochen. Der Vertrag der Bundestrainerin der Frauen-Nationalmannschaft wird bis zur Weltmeisterschaft 2019 in Frankreich verlängert und enthält die Option auf eine weitere Verlängerung bis zu den Olympischen Spielen 2020.
Quellen: Anja Mittag / Instagram und Deutscher Fußball-Bund
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